Querdenker erwünscht?

Wer würde sich nicht gern als flexibel, aufgeschlossen oder gar innovativ bezeichnen. Aber mal ehrlich: Sind wir wirklich so, wenn wir in der Rolle des Kunden oder Investors stecken?

Die Frage, ob unser Selbstbild in Sachen Unternehmertum und Risikobereitschaft wirklich so ist, wie wir es gern hätten, kam in Zusammenhang mit der Rügenwalder Mühle und der Veggi-Wurst auf. Es hat einige Anläufe, langen Atem und viel Überzeugungsarbeit gekostet, bis die vegetarischen Produkte des Traditionsunternehmens in die Läden kamen. Und das lag nicht daran, dass der Trend zu vegetarischen oder gar veganen Produkten nicht deutlich zu erkennen gewesen wäre. Da das Familienunternehmen bereits seit 1834 Wurstspezialitäten verkauft, hatten wohl einige das Gefühl, das wäre zu viel Innovation – oder gar eine flüchtige Schnapsidee.

Nächstes Beispiel ist das Startup-Unternehmen Locomore, das in Konkurrenz zur Deutschen Bahn einen eigenen Zug auf die Schienen bringen will. Die Idee ist eigentlich gut. Diesmal ertappte ich mich selbst bei dem Gedanken, dass die Schienen schon seit Jahr und Tag der Deutschen Bahn gehören. Das war schon immer so und ein anderer Anbieter hat’s da sicher schwer.

Wo sind Vision und Risikobereitschaft?

Diese Frage habe ich Silke Otto und Christoph Bader von „Wertefabrik“* gestellt. Denn sie wissen nur zu gut, warum es Unternehmer nicht leicht haben, neue Wege einzuschlagen:

„In Deutschland legen wir besonderen Wert darauf, dass alles geregelt ist. Deshalb gestalten wir selten selbst, wollen aber trotzdem das Optimum. Das prägt natürlich auch unsere Mentalität in Sachen neue Geschäftsideen, Kurswechsel und Investitionsbereitschaft. Veränderung ist aber immer Investition.“

Wie macht man Veränderung richtig?

Wie begeistere ich für mein Konzept, bringe andere dazu auf den Zug aufzuspringen und dass dieser am Ziel ankommt? Laut Wertefabrik lassen sich Veränderungsprozesse in drei Phasen einteilen:

Phase 1: Es muss Bereitschaft für den Wandel geweckt werden. Hier sind ent-lernen, hinterfragen und manchmal auch Provokation wichtige Faktoren.
Phase 2: Jetzt kommt der eigentliche „Change“. Hier geht es darum, Neues auszuprobieren und Fehler machen zu dürfen.
Phase 3: Hier stabilisiert und etabliert sich schließlich das Neue.

„Leider stecken viele sehr viel Geld und Aufwand in die Phase 1. In der Phase 2 gehen dann schnell die Geduld oder die Ressourcen aus. In der Phase 3 kommen deshalb viele nie an. Sie profitieren nie von den angestoßenen Veränderungen und jagen auf halber Strecke schon wieder die „nächste Sau durchs Dorf“.“

Schade, das mit Phase 3. Dabei könnten wir das aus unserer Geschichte heraus sicher am besten. Fehler zu machen, mögen wir eben gar nicht. Aber was nicht ist, kann man ja noch lernen!

* „Wertefabrik“ gibt Impulse und begleitet Veränderungsprozesse in Unternehmen. http://www.wertefabrik.de/

Bildquelle: birgitH, pixelio.de

 

Sara Geissler

Als Online-Redakteurin schreibt, filmt und zeichnet sie Beiträge zu den Schwerpunkten Existenzgründung, Lokales, Migration und zu Bildungsthemen: redaktion-saarbruecken.com

1 Response

  1. 10. März 2016

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