Wie ich jahrelang im Regen gelaufen bin

…oder mir nie ein Taxi leisten wollte

2009: Ich war mit meinem Date im Kino: Der Seltsame Fall des Benjamin Button. Alles war perfekt: Sie war süß. Eine Pizza ins Kino geschmuggelt. Super Film. Doch als wir aus dem Kino rauskamen, hatte es nicht nur angefangen zu regnen, sondern ihr ging es auch nicht mehr so gut. Die Pizza hatte nicht gehalten, was sie versprochen hatte. Sie wollte heim. Das war’s dann wohl mit noch einem Drink und dem erhofften „mehr“. Wir verabschiedeten uns und gingen getrennte Wege. Sie ist in die S-Bahn gestiegen. Ich hatte die Wahl 15 Minuten zu laufen, oder ebenso lange mit den Öffis zu fahren. Ich entschloss mich zu laufen – frische Luft ist doch gut, sagt man.

5 Minuten später: Den Regen hatte ich wohl unterschätzt. Ich war klatschnass und dachte, „hätte ich mal ein Taxi genommen“. Tatsächlich fuhren ständig Taxen an mir vorbei. Meist saß ein Fahrgast hinten und 3 leere Plätze lächelten mich an: „Als Geizhals läuft man eben – auch im Regen“. Und tatsächlich, von schwäbischen Eltern erzogen, fand ich Taxis zu teuer: 10 Euro für eine kurze Fahrt von ein paar Kilometern? Wer soll sich das leisten? Also lief ich völlig durchnässt weiter. Kam zuhause an. Alleine. Ohne mein Date. Und als wäre das nicht schon genug gewesen – am nächsten Tag hatte ich eine heftige Erkältung.

5 Jahre später: Ich, wieder mit im Kino. Ja ich liebe gute Filme. Diesmal aber mit Freundin. Und es regnete. Meine Gedanken waren auf einmal bei diesem verkorksten Date im Jahr 2009. Und klar, Taxis waren mir immer noch zu teuer. Doch da kam mir auf einmal eine Idee: Nachher teile ich mir ein Taxi mit meiner Freundin. Warum teilt man sich eigentlich nicht öfter ein Taxi mit den Leuten, die eh schon in die selbe Richtung fahren? Würden davon nicht alle profitieren? Fahrgäste würden sich Geld sparen, die Umwelt könnte geschont werden, wenn weniger Leute einzeln im Taxi fahren. Und ich würde endlich nicht mehr im Regen laufen müssen.

3 Monate später: Den Job an den Nagel gehängt. Ich hatte große Pläne. Wollte ich doch genau diese Idee in die Praxis umsetzen. Uber hat es ja mit einem ähnlichen Konzept auch ganz groß geschafft. Ich beschloss daher, einfach ein geniales Konzept zu entwickeln, das schnell programmieren zu lassen und dann das Ganze ganz einfach per Social Media schnell und viral bekannt zu machen.

Puh, wie falsch ich liegen konnte. Das Konzept musste nach frühen User-Tests mehrmals umgeschmissen werden. War wohl doch nicht so einfach wie anfangs gedacht. Die Programmierung stellte sich als teurer, komplizierter und langwieriger heraus, als geplant. Und die Verbreitung einer Idee, die ein Umdenken (und Kreditkartendaten) der Nutzer erfordert, ist (ja besonders in Deutschland) nicht ohne viel Geduld und Glück möglich – auch, wenn der Sparvorteil auf der Hand liegt.

20140925_Christoph_7L9B7711_webAber nach einem Jahr voller Höhen, Tiefen, Mühen, Schweiß und viel Freude läuft die kostenlose App, die wir SHÄRE-a-Taxi genannt haben, mittlerweile sehr gut in München. Mit einem bunten Marketingmix – unter anderem mit blauen Bobbycars – sind Nutzer auf uns aufmerksam geworden. Mit der App können sich Nutzer – dank Anbindung der App an die Taxizentrale – mit SHÄRE-a-Taxi direkt ein Taxi bestellen, und finden mit dem intelligentem Matching-Algorithmus spontan Mitfahrer auf der Strecke, die in die gleiche Richtung fahren wollen. Die App zeigt allen Nutzern immer gleich an, welche Umwege und Ersparnisse durch das Teilen entstehen. Dabei müssen Nutzer weder den gleichen Startpunkt, noch das gleiche Ziel haben. Auch die Bezahlung erfolgt über die App, so dass Nutzer kein Bargeld mehr fürs Taxi benötigen, wenn die Fahrt über die App bestellt wurde. Und das Feedback ist großartig: die Taxi-Branche zeigt sich bisher von der kooperativen Seite, die Nutzer wünschen sich SHÄRE-a-Taxi auch in weiteren Städte (und die Planungen hierfür laufen bereits) und das Team von SHÄRE-a-Taxi lernt immer wieder neue Fallstricke und entwickelt neue kreative Lösungen.

Und ich? Ich freue mich jetzt immer, wenn ich spontan Leute im Taxi mitnehmen kann, oder ich bei jemanden ins Taxi reinspringen kann. Ab jetzt laufe ich nicht mehr im Regen nach Hause, und zahle trotzdem nur ein Bruchteil der Taxikosten. Und wer weiß, wen man noch so alles im Taxi kennengelernt. In diesem Sinne: Let’s SHÄRE!

 

Christoph Nedopil

Dr. Christoph Nedopil ist Gründer der SHÄRE GmbH, die die App SHÄRE-a-Taxi auf den Markt gebracht hat. Nach seinem Ingenieur-Studium in Berlin, promovierte Christoph in der Schweiz, arbeitete und publizierte für die Weltbank und gründete 2009 die Innovationsagentur YOUSE, die in Berlin, München und Stuttgart für gutes UX Design und frische Marktforschung sorgt.

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