SHE works! Gründerinnen im Interview: „Wir dürfen auf keinen Fall nachlassen.“

Vor ziemlich genau einem Jahr ging SHE works! an den Start. Ein Online-Magazin für Gründerinnen und Unternehmerinnen mit zahlreichen Informationen rund um die Existenzgründung und allem was dazu gehört. Grund genug mit den beiden Gründerinnen Carolin Schäufele und Katja Bößling zu sprechen.

Carolin Schäufele ist Journalistin und betreibt in Göttingen ein eigenes Redaktionsbüro.
Katja Brößling hat Marketing studiert als die beliebtesten Suchmaschinen noch Metager und Altavista waren und ist nach der Elternzeit sofort ins Online-Marketing “abgedriftet”. Als sich ihre Wege ein zweites Mal kreuzten, hatten sie eine gemeinsame Idee und gründeten das Online-Magazin SHE works!

SHE works! ist eine der Anlaufstellen für Gründerinnen und Unternehmerinnen im deutschsprachigen Raum. Wie ist es dazu gekommen? Was findet man auf SHE works!?

Carolin: Alles, was unserer Meinung nach für Frauen wichtig ist, wenn sie ein Unternehmen gründen wollen oder bereits leiten. Das reicht von Terminen zu Netzwerktreffen, tagesaktuellen Nachrichten bis hin zu Seminaren, Workshops, Beratungsstellen und Tipps und Tricks im Berufsalltag wie Kindebetreuung, Vorlagen für Rechnungen usw.
Katja und ich haben schon vor der Gründung von SHE works! zusammen gearbeitet. Bei der täglichen Recherche für die Wirtschaftsnachrichtenseite beraternews.net (die wir auch betreiben) sind wir immer wieder auf Themen gestoßen, die sich an Frauen wenden, allerdings keinen Platz fanden und somit kaum sichtbar waren. Das hat uns so gewurmt, dass wir irgendwann dachten, wir müssen da mal ran und was machen. Im Herbst letzten Jahres war dann die Idee für eine SHE works! geboren. Und am 15.11.2015 ging die Plattform dann mit unglaublich viel Vorarbeit online.

Am 15. November habt Ihr mit SHE works! das einjährige Jubiläum gefeiert. Wie hat sich Euer Leben durch SHE works! verändert? Hattet ihr davor schon mit der Gründerszene zu tun?

Carolin: Ich kaum. Ich hatte ein dreiviertel Jahr lang einen Kunden, für den ich Artikel über Gründergeschehen geschrieben habe, aber ansonsten eher nicht. Ich bin zwar schon 9 Jahre freiberuflich tätig, hatte aber bei der Gründung meiner Selbstständigkeit keine Berührungspunkte mit der Gründerszene gehabt. Ich hab einfach losgelegt und gemacht.

Katja: Ich komme aus dem Online-Marketing Bereich und habe für verschiedene Portale gearbeitet, hatte also mit der klassischen Gründer- oder Startup-Szene weniger zu tun. Bis dahin war ich eher so ein Inhouse-Schreibtischtäter. Mittlerweile bin ich auf vielen Veranstaltungen unterwegs, egal ob um SHE works! vorzustellen oder einfach zum Netzwerken. Ich habe in diesem einen Jahr mehr Leute kennengelernt als in den 8 Jahren zuvor. Das ist super spannend und inspirierend, vor allem der Austausch mit Gründerinnen und Unternehmerinnen. So erfährt man immer direkt von der Zielgruppe, was sie sich eigentlich wünschen oder wo noch etwas fehlt.

Ihr ermutigt täglich Frauen den Schritt in die Existenzgründung zu wagen. Was hindert Frauen heutzutage am meisten? Und wie könnte man das aufbrechen?

Carolin: Das ist ein schwieriges Ding! Ich denke, dass es vor allem die Angst ist zu scheitern, die viele Frauen vor diesem Schritt abhält. Und es muss immer alles perfekt sein. Ich habe vor ein paar Tagen ein Interview mit einer Gründerin geführt, die sich diesem Weg komplett entgegenstellt. Sie sprach von „In Schönheit sterben“, ein Zitat, das für mich unglaublich viel Wahrheit birgt.
Hinzu kommt noch, dass Frauen so anders auftreten als Männer, dass sie es in männerdominierten Branchen wirklich schwer haben zu bestehen. Manches Mal fühlt es sich ein „Gut gemacht“ eines Mannes an wie ein wohlwollendes Tätscheln. Bitte nicht falsch verstehen! Frauen lassen oft auch viele Gelegenheiten ungenutzt verstreichen, als sie am viel zitierten Schopf zu packen und einfach loszulegen. Wir sind manches Mal viel zu zaghaft und zurückhaltend.
Ein ganz wichtiges Thema ist das Geld. Die immer und überall präsenten Versprechen, dass es Kredite gibt, Unterstützer, Geldgeber, die haben wir so noch nicht gefunden und selbst eher negative Erfahrungen gemacht. Ich sehe vor allem in diesem Bereich ein massives Hindernis.

Katja: Ich glaube auch, dieses “Think Big” macht vielen Angst. Aber man bleibt klein, wenn man sich nur kleines vornimmt. Frauen sind in meinen Augen auch einfach viel zu genügsam. Sie freuen sich über Lob und Komplimente, aber davon ernährt man keine Familie.
Ich denke Frauen müssen durch Vorbilder ermutigt werden und sie müssen sich Netzwerke aufbauen. Da hat sich im letzten Jahr wirklich eine Menge getan.

SHE works!, hercareer, Plan W und Women in E-Commerce. Das ist nur ein Bruchteil. Großartige Sachen passieren da, getrieben von bemerkenswerten Frauen. Eine Explosion an Inspiration und Zusammenhalt. Es scheint, als wäre jetzt alles möglich, oder?

Katja: Die Zeit war wohl überreif für solche Initiativen und wir dürfen auf keinen Fall nachlassen. Durch Internet und Social Media hat man jetzt so unendlich tolle Möglichkeiten, die Frauen zu erreichen. Egal ob man sie einfach nur ermutigen oder wachrütteln will. Und die regen Beteiligungen zeigen, das der Bedarf an diesen Angeboten da ist. Im Moment werden diese ganzen Initiativen immer noch als ein wenig “exotisch” betrachtet. Und oft kommt die Frage: Brauchen Frauen das wirklich? – Eindeutig ja! Und irgendwann wird das ganze als normal angesehen und nachfolgende Generationen werden sich vielleicht wundern, warum die Frauen damit nicht früher angefangen haben.

Ich habe kürzlich einen Beitrag von Elisabeth Oberndorfer gelesen: „Fesch seid’s“. Ein wichtiger und richtiger Kommentar von Elisabeth. Ist so eine Reaktion mancher Männer, weil sie sich unterlegen vorkommen und deshalb die Person gegenüber reduzieren, oder sind es alt eingesessene Ansichten?

Carolin: Meiner Meinung nach ist das pure Gedankenlosigkeit, und vielleicht auch der Wunsch, Frauen damit ein klein wenig kleiner zu machen und in eine bestimmte Ecke zu stellen. Der Kommentar von Elisabeth Oberndorfer ist klasse zu lesen und spricht vielen Frauen sicher aus der Seele. Da ich nun aber auch schon ein wenig älter bin, tritt man mir vielleicht auch ein wenig anders entgegen. Da traut Mann sich nicht mehr das gegenüber NUR auf das Äußere zu reduzieren.

Katja: Wie Elisabeth schon aufführte: Eine von vielen Situationen in denen Leistung von Frauen nicht zählt. Und das ist nicht nur im kleinen Rahmen so. Die Medienlandschaft ist immer noch überschwemmt mit klischeehaften Frauenbildern. Solange sich hier nichts massiv ändert, wird die Frau auch im wahren Leben darauf reduziert. Auch hier ist ein Changeprozess im Gang, der aber noch sehr langsam anrollt und mindestens noch einen Generationenwechsel benötigt, um zu greifen.

Katja, Du hast vor kurzem noch agentur#140 gegründet. Erzähl uns ein bisschen davon.

Katja: Wir haben immer ein super Feedback zum SHE works! Auftritt bei Facebook und Twitter bekommen und auch viele Fragen, wie man das macht, ob das Sinn macht etc. Auch wenn im Onlinemarkting “Freebies” ein große Trend sind, habe ich mich dazu entschieden, mit meinem Wissen Geld zu verdienen. Dabei entwickele ich keine klassischen Kampagnen, wie Agenturen das machen. Ich unterstütze Unternehmer und Unternehmerinnen dabei, ihren Weg in und durch die Sozialen Medien zu finden. Nicht jedes Netzwerk ist für jeden Zweck geeignet und nicht jeder hat eine Affinität dafür. Manchmal rate ich Kunden auch einfach davon ab. Früher musste man auf die Gunst der Presse hoffen, um ein PR zu bekommen. Heute kann jeder alles ins Netz stellen. Doch nur das wenigste erlangt wirklich Aufmerksamkeit. Die Überflutung der Nutzer wir immer größer. Da muss man dann schon mit Klasse statt Masse punkten und das ist gar nicht so einfach.

Aller Anfang ist schwer. Welche 3 Tipps könnt Ihr frischen Gründerinnen auf den Weg geben?

  1. Bloß nicht perfekt sein und zu lange warten.
  2. Rausgehen, erzählen, Feedback einholen und direkt anwenden.
  3. Vergesst das Marketing nicht!

Vielen Dank Euch beiden für das interessante Interview. Wir wünschen Euch nochmals Herzlichen Glückwunsch zum einjährigen Bestehen Eures Online-Magazins SHE works! und weiterhin viel Erfolg.

 

Lukas Herbst

Lukas Herbst ist 37 Jahre alt, Produktmanager bei Gemalto und Gründer der Online-Plattform StartupBrett. Nach Kosmos-Kasten, C64, Schule und Studium, folgten erste Erfahrungen als Freelancer, eine Festanstellung, 2 Kinder und 2 Start-ups.

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